Der Verband der deutschen Insolvenzverwalter VID meldet nach Durchsicht des Koalitionsvertrages folgende Maßnahmen, die die neue Regierung im Bereich des Insolvenz- und Sanierungsrechts angehen will:

Gläubigergleichbehandlung
Den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung hat der Gesetzgeber durch verschiedene Reformvorhaben in den letzten Jahren in Frage gestellt. Daher ist dieser Programmsatz als Leitlinie für zukünftige Änderungen im Insolvenzrecht wichtig, wenn es in Zeile 6218 des Koalitionsvertrages heißt: „Im Insolvenzrecht werden wir den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger ohne Einschränkung bewahren“.

Berufsrecht für Insolvenzverwalter und Sachwalter
Der Gesetzgeber soll sich nun erstmalig der auch in dem Eckpunktepapier des VID aus dem Jahr 2009 erhobenen Forderung eines Berufsrechtes einschließlich einer Berufszulassung für Insolvenzverwalter und Sachwalter beschäftigen: „Wir werden gesetzliche Rahmenbedingungen für die Berufszulassung und -ausübung von Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwaltern sowie Sachwalterinnen und Sachwaltern regeln, um im Interesse der Verfahrensbeteiligten eine qualifizierte und zuverlässige Wahrnehmung der Aufgaben sowie effektive Aufsicht zu gewährleisten.“ (Zeile 6219)

Insolvenzverfahren 4.0
Erfreulicherweise hat sich der Gesetzgeber auch der von dem VID als Berufsverband der Insolvenzverwalter angestoßenen Initiative eines Insolvenzverfahrens 4.0 angenommen. So steht in Zeile 6223 zu lesen: „Zudem werden wir die Digitalisierung des Insolvenzverfahrens konsequent vorantreiben“. Hier haben wir bekanntermaßen mit verschiedenen Landesministerien, Krankenkassen und der Agentur für Arbeit eine Arbeitsgruppe einberufen, die auch helfen soll Personal und Sachkosten auf der Seite unserer Mitglieder einzusparen.

Lizenzen in der Insolvenz
Die aus der vorletzten Legislaturperiode bekannten Bemühungen um die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen finden nun wieder im Koalitionsvertrag Berücksichtigung, wenn es dort heißt: „Zur Stärkung des Wirtschafts- und Forschungsstandortes Deutschland wollen wir die Rechte des Lizenznehmers im Insolvenzfall des Lizenzgebers besser schützen“. (Zeile 6226) Man muss gespannt sein, ob dieses Ansinnen tatsächlich mit dem Grundgedanken der Gläubigergleichbehandlung vereinbar ist.

Insolvenzantragsgründe
Der Insolvenzgrund der Überschuldung ist schon seit einiger Zeit in der Diskussion. Dies obschon Deutschland nicht der einzige Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, der diesen Insolvenzgrund kennt. Dennoch scheint man sich diesem Thema aktiv annehmen zu wollen, wenn es heißt „wir werden die Insolvenzantragspflichten im Lichte der europäischen Vorgaben zum Restrukturierungs- und Insolvenzrecht sowie unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen bei Naturkatastrophen reformieren“. (Zeile 6228)

Gründungsförderung
Bereits in der letzten Legislaturperiode sind Forderungen laut geworden für Gründer bzw. Startups Gründungshemmnisse zu reduzieren und im Zuge dessen auch das Insolvenzrecht anzupassen. Diese Forderungen sind jetzt im Koalitionsvertrag in Zeile 1855 aufgegriffen worden: „Wir werden Hürden für den Gründungsprozess abbauen und prüfen Anpassungen im Insolvenzrecht“.

Insolvenzschutz der Altersvorsorge
In Bezug auf die Altersvorsorge von Selbstständigen sieht man insoweit Handlungspflichten als „geeignete insolvenzsichere Versorgungsarten als Wahl zur Verfügung gestellt werden müssen“ (Zeile 4309). Weiter heißt es: „wobei diese insolvenz- und pfändungssicher seien und in der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen müssen.“

Bauträgerinsolvenz
Auch das Thema der Bauträgerinsolvenz will man nochmals aufgreifen: „Im Bauträgerrecht wollen wir vorhandene Schutzlücken durch wirksame Absicherung des Erwerbers eines Bauträgerobjekts für den Fall der Insolvenz der Bauträgers und eine Erleichterung der Abnahme bei Gemeinschaftseigentum schließen“ (Zeile 5857).

Unser Seniorpartner Joachim Voigt-Salus zeigt sich in einer ersten Stellungnahme enttäuscht. Insbesondere vermisst er das Fehlen einer Synchronisierung von Insolvenz- und Steuerrecht: "Diese Rechtsgebiete stoßen unabgestimmt aufeinander, so dass sogar sinnvolle Sanierungen scheitern!"

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