Gestern hat das Landgericht Berlin eine Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg aufgehoben, weil dieses nicht zuständig sei. Der insolvenzrechtlich maßgebliche Sitz der insolventen Niki befinde sich in Österreich, urteilte die Kammer des Landgerichts. Der Streit dreht sich um den „Center of Main Interest – COMI“. Dies ist nach der Europäischen Insolvenzordnung der Platz, an dem ein insolventes Unternehmen geführt und verwaltet wird. Nach der Definition in Art. 3 Abs. 1 S. 2, EulnsVO ist der COMI der Ort, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner lnteressen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist. Ferner sieht die Vorschrift vor, dass bei Gesellschaften bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass der COMI der Ort ihres Sitzes ist.  lm Hinblick auf die einschneidenden Wirkungen, die das lnsolvenzstatut für die Zuständigkeit und für das anzuwendende materielle lnsolvenzrecht hat, sind an die Widerlegung der Vermutung hohe Anforderungen zu stellen, urteilte das Berliner Gericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Diese Vermutung konnte anhand des vorgetragenen Sachverhaltes nach Würdigung der Berliner Richter nicht wiederlegt werden, so dass der Sitz von Niki in Wien auch für das Insolvenzstatut maßgeblich sei.

Weil die Tochter von Air Berlin von Berlin aus gesteuert wird, hatte zuvor das Amtsgericht eine Beschwerde die Zuständigkeit der Berliner Justiz abgelehnt und an das Landgericht verwiesen.  Gegen den Beschluss des Landgerichts kann innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt werden oder das Insolvenzverfahren muss in Österreich stattfinden.
Damit gibt es noch immer keine abschließende Sicherheit für den Verkauf von Niki an den Luftfahrtkonzern IAG mit British Airways und dem spanischen Billigflieger Vueling. Insolvenzverwalter Lucas Flöther hat die Befürchtung, der Verkauf könne platzen, sollte sich die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ändern. Der britische Luftfahrtkonzern will aber weiterhin Niki übernehmen und arbeite mit allen Beteiligten daran, den Kauf voranzutreiben, teilte IAG mit.

Fluggastrechteportal Fairplaine klagt

Beschwerdeführerin gegen den Insolvenzort Berlin ist unsere Mandantin Fairplane. Diese bereibt ein Fluggastrechteportal. Die Mandantin verspricht sich von einem Verfahren in Wien einen höheren Schadenersatz für Niki-Kunden, deren Flüge ausgefallen waren und die 1,2 Millionen Euro fordern. „Nun ist das Landesgericht Korneuburg am Zug“, kommentierte Fairplane die Entscheidung des Landgerichts. In diesem Ort in der Nähe von Wien hat Fairplane bereits die Eröffnung der Niki-Insolvenz beantragt. „Ein Insolvenzverfahren in Österreich gefährdet den Deal mit IAG nicht“, teilte Fairplane mit. „Sobald das Insolvenzverfahren für Niki in Österreich stattfindet, kann der Masseverwalter den in Berlin beschlossenen Deal mit IAG/Vueling ebenso bestätigen und die weitere Umsetzung verfolgen.“

IAG will 740 Niki-Beschäftigte übernehmen

Niki war Mitte Dezember in Insolvenz gegangen, nachdem die Lufthansa, die die Maschinen der Air-Berlin-Tochter übernehmen wollte, wegen Bedenken der EU-Wettbewerbsbehörde zurückgetreten war. In der Folge verhandelte der vorläufige insolvenzverwalter Flöther mit weiteren Interessenten. Die IAG bekam den Zuschlag für 20 Millionen Euro. Für die Zeit bis zur endgültigen Übernahme nach Zustimmung der EU stellt IAG ferner 16,5 Millionen Euro zur Verfügung, um den Flugbetrieb zu gewährleisten. IAG will nach eigenen Angaben 740 Niki-Mitarbeiter übernehmen.

Wien statt Berlin

Nach Einschätzung des Gerichts sprachen folgende Sachverhalte für den COMI in Österreich: Die Niki Luftfahrt GmbH unterhält Büros in Wien, unter anderem mit der wichtigen Finanzbuchhaltung. Ebenso ist Wien der Ort der zuständigen Aufsichtsbehörde, weil Niki über eine österreichische Betriebsgenehmigung verfügt und die Betriebstüchtigkeit der Flugzeuge dort überwacht wird. Schließlich haben vier Fünftel der Niki-Beschäftigten Arbeitsverträge nach österreichischem Recht. Zudem habe bereits im September letzten Jahres ein Insolvenzverfahren gegen Niki in Österreich stattgefunden, dass sich zwar erledigt habe, doch habe Niki damals die Zuständigkeit der Österreicher nicht gerügt. Das sei widersprüchlich.

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