Der bei einer Sanierung durch Verzichte der Gläubiger ertragssteuerlich wirksame Gewinn steht jetzt einer Sanierung nicht mehr im Weg. Nachdem die EU-Kommission mit einem „Comfort Letter” festgestellt hatte, dass die neuen deutschen Regelungen zur Sanierungsgewinnbesteuerung mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind, konnte der deutsche Gesetzgeber reagieren und den neuen § 3a EStG wirksam werden lassen. Nachdem das Gesetz den Bundestag am 8. November 2018 passierte, hat nun auch der Bundesrat die Steuerbefreiung des Sanierungsgewinns abermals gebilligt und damit für mehr Rechtsicherheit gesorgt.

Ausgangssituation

Bei der Sanierung eines verzichten Gläubiger oft (beispielsweise mit einem Insolvenzplan) auf ihre nicht unerhebliche Forderungen, um die Reorganisation der Gesellschaft oder des Unternehmers zu ermöglichen. Dieser Verzicht führt zu einem außerordentlichen Ertrag, der als Gewinn zu einer ertragsteuerlich Belastung führen müsste. Dieser steuerliche Aufwand kontakariert damit die Sanierung und kann meist von dem wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen gar nicht aufgebracht werden. Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 waren deshalb Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. steuerfrei.  In nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. ist zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten. Deren Ziel war unter anderem die  Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stand mit diesen Zielen der Insolvenzordnung in einem „Widerspruch”.

BFH schreddert den Sanierungserlass des BMF

Um das Dilemma aufzulösen, hatte die Finanzverwaltung auf Grundlage der §§ 163, 227 AO mit dem Sanierungserlass in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, unter welchen Voraussetzungen Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn aus Gründen sachlicher Billigkeit erlassen werden können. Der Große Senat des Bundesfinanzhof (BFH) hatte seinerzeit entschieden, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Im Nachgang ist das BMF-Schreiben vom 27. April 2017, BStBl I 2017, 741, erlassen worden. Auch das hatte der BFH aus denselben Gründen gekippt.

Der Gesetzgeber wird tätig und die EU-Kommission beunruhigt

Nachdem der Bundesfinanzhof den Sanierungserlass für nicht anwendbar erklärt hatte, weil die gesetzliche Grundlage fehle, hatte der Gesetzgeber Anfang Juni 2017 daraufhin erstmals (wieder) eine gesetzliche Regelung beschlossen. Damit sie in Kraft treten konnte, war die Zustimmung der EU-Kommission notwendig, die die beihilferechtliche Unbedenklichkeit bestätigen sollte. Brüssel erteilte diese Bestätigung letztendlich in Form eines „comfort letters”, nicht aber – wie es das Gesetz verlangte – als förmlichen Beschluss. Die Neuregelung konnte folglich nicht in Kraft treten und musste eine weitere Runde im Gesetzgebungsverfahren drehen.

Jetzt ist Rechtssicherheit hergestellt

In der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drucksache 19/4455) hat der Bundestag am 8. November 2018 beschlossen, die entsprechende Bedingung (Beschluss der EU-Kommission) im Gesetz wieder aufzuheben. Der Bundesrat hat in seiner 972. Sitzung am 23. November 2018 entsprechend zugestimmt (BR-Drucksache 559/18). Somit tritt das 2017 bereits verabschiedete Gesetz automatisch in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Vorschriften (§ 3a EStG, § 7a GewStG) mit Rückwirkung ab dem 8. Februar 2017.

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